Schwules Leben 1924 – eine Zeitreise
Zeitschriften und Literatur, Vereine und Kneipen, Musik und Theater, Politik und Skandale
Wie haben Schwule vor 100 Jahren in Deutschland gelebt? Zeitzeugen gibt es keine mehr. Aber viele – auch bislang unbekannte – Quellen zeugen von ihrem Leben. Was war das Besondere an der frühen Homosexuellenbewegung, die sich vor allem in Berlin formierte? Das „Eldorado“, die bis heute bekannteste Schwulenkneipe der Weimarer Republik, wurde am 22. März 1924 eröffnet. Im August 1924 erschien „Die Freundin“ – die erste lesbische Zeitschrift der Welt. Thomas Mann veröffentlichte 1924 seinen Roman „Der Zauberberg“ mit einer homoerotischen Nebenhandlung. Mit „Bubi, lass uns Freunde sein“ erschien einer der ersten schwulen Schlager. Und der Film „Michael“ über die Liebe eines Malers zu seinem Lieblingsmodell kam in die Kinos.
Wie formulierte man damals Kontaktanzeigen? Gab es schon schwule Vereine? Und wie muss man sich einen Abend in einer Schwulen-Bar vorstellen? Diese und viele andere Themen werden mit Bildern, Zeitschriften-Artikeln und Ton-Aufnahmen präsentiert und auch in Bezug zur politischen Situation des Jahres 1924 gesetzt. Dabei geht es auch um die negativen Aspekte: In der zweiten Jahreshälfte 1924 dominierte der schwule Serienmörder Fritz Haarmann die Berichterstattung über homosexuelle Themen und prägte damit auch die Einstellung zu Homosexuellen in Politik und Gesellschaft. Homosexualität war und blieb – vielleicht auch wegen Haarmann(!) – strafbar. Der entsprechende § 175 des Reichsstrafgesetzbuches, der wie ein Damoklesschwert über den Homosexuellen hing, konnte auch 1924 nicht abgeschafft werden, obwohl sich mit der KPD erstmals eine Partei für die Abschaffung dieses Schandparagraphen aussprach.
Erwin In het Panhuis hat für seine Recherchen viele erst seit kurzem im Volltext recherchierbare Zeitschriften des Jahres 1924 durchsucht und dabei auch bisher unbekannte Quellen an Licht gefördert: Rund 240 Zeitschriftenartikel aus dem Jahr 1924 flossen schließlich in den Vortrag ein; darunter auch eine Notiz aus der „Rhein- und Ruhrzeitung“ über den Duisburger Bernhard Bittschutsch, der nach § 175 zu neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde.
29. November 2024, 19:30 Uhr
VHS Duisburg, Saal EG, Steinsche Gasse 26, 47051 Duisburg
(in Kooperation mit der Regionalgruppe Ruhrgebiet des Bundes Lesbischer und Schwuler JournalistInnen)
Eintritt: frei